Bericht über meinen Aufenthalt an der SECPAD School in Karsha (Zanskar), 05. – 20. September 2015
von Herbert Brüdt
Nachdem ich im vergangenen Sommer (2014) bei einem längeren Aufenthalt in Zanskar zufällig auf die SECPAD School in Karsha aufmerksam wurde, hat mich der Principal, Mr. Sharma, nach einem Kontaktgespräch eingeladen, an der Schule tätig zu werden. Daraufhin habe ich Verbindung mit dem Stiftungsvorstand aufgenommen. Ich habe mich in einem längeren Gespräch vorgestellt und meine Vorstellungen und Intentionen dargelegt, wie ich sie bereits 2014 an der Marpha Ling School in Stongde (Zanskar) versucht habe zu implementieren. Der Stiftungsvorstand war offensichtlich einverstanden und gab seine Zustimmung zu meiner Tätigkeit an der SECPAD School.
Darauf bin ich Ende August 2015 über Delhi nach Srinagar geflogen, um mich dort wieder zu akklimatisieren, – an Indien und an die Höhe (1800 m).
Ganz nebenbei ist Srinagar eine wunderschöne Stadt in ebensolcher herrlichen Landschaft, es lohnt in jedem Fall in Kashmir auch ein längerer Aufenthalt.
Nach 8 stündiger Fahrt durch traumhafte Landschaften ging es nach Kargil und dann in üblicher Weise nach Padum, wo ich am 05.09.2015 in der SECPAD School eintraf.
Bereits im Voraus hatte ich dem Stiftungsvorstand als auch dem Principal der Schule die genauen Daten meines Aufenthaltes mitgeteilt. Den Principal hatte ich schon vorher gebeten, mich im guesthouse der Schule unterzubringen und von den Lehrern eine Liste zusammen-stellen zu lassen, in der deren Wünsche für eine Unterstützung aufgeführt sind.
Ich wurde aufs Herzlichste begrüßt und habe mit Mr. Sharma in intensivem Gespräch unsere Vorstellungen, die nahezu deckungsgleich waren, zu einem Arbeitsprogramm zusammen-gestellt. Mr. Sharma hatte die Lehrer in Kleingruppen zusammengestellt, aber bei Bedarf auch einzeln, um ihre Fragen in englischer Sprache zu behandeln. Mr. Sharma versprach sich davon nicht nur eine fachliche Unterstützung der Lehrer, sondern auch ein Trainingsprogramm in Englischer Sprache. Die Bibliothek der Schule wurde dafür zur Verfügung gestellt.
Ich wurde den Lehrern und Kindern der Schule vorgestellt und sehr herzlich begrüßt.
Nach kurzer Vorstellung und Zielgebung in den einzelnen Gruppen, gestalteten sich die Treffen natürlicherweise sehr unterschiedlich, von sehr zurückhaltend bis äußerst wissbegierig, von nahezu fließendem Englisch bis sehr geringen Englischkenntnissen.
Eine Ursache dafür war sicher auch durch die unterschiedlichen Persönlichkeiten der Lehrer begründet.
Um alle Beteiligten mit ins Gespräch zu bringen, habe ich einzelnen als Aufgabe für das nächste Treffen „ nahegelegt“ Fragen zu stellen. Fragen über beliebige Themen. Größtenteils wurden dann auch Fragen gestellt, von: „war Mann oder Frau zuerst da?“, bis „wie sind eigentlich Teilchen (Atome) aufgebaut?“, so dass sich meist sehr angeregte und auch lustige Gespräche entwickelten. Wir haben viel gelacht. Ich habe immer wieder darauf hingewiesen, dass Fehler, auch von mir, völlig normal wären und hier keine Rolle spielen.
Schon nach zwei bis drei Tagen hatte sich eine vertraute Atmosphäre entwickelt, die es den Lehrern, aber auch mir, ermöglichte, zum Teil sehr private Fragen zu stellen. Ich führe dies auch darauf zurück, dass ich mittags zusammen mit den Lehren in der Schule aß. Abends wurde ich vom Hostel verpflegt.
Die gestellten Fragen bezogen sich oft auf biologische, physikalische und chemische Sachverhalte, wie sie im Science Unterricht der jeweiligen Klassen behandelt werden. Zur Erklärung wurde gegebenenfalls auf das von Herr Kaminski besorgte Anschauungsmaterial zurückgegriffen.
Um nicht nur Einzelthemen abzuarbeiten, die nicht immer das Interesse aller Gruppenmit-glieder fanden, habe ich „Generalthemen“ verpflichtend in allen Gruppen behandelt, z.B. die menschlichen Sinne. Dabei sollte ein Gesamtzusammenhang hergestellt werden, der den Lehrern zeigen sollte, dass alle Sinne zusammenwirken müssen, um ein sinnhaftes Ganzes zu ergeben. Nur so kann die Funktion eines jeden Sinnesorgans verstanden werden. Die einzelnen Sinnesorgane wurden dann je nach Gruppeninteresse einzeln behandelt.
Der Hinweis, dass Lernen „mit allen Sinnen“ zu besseren Ergebnissen führt, war eine weitere Konsequenz, die nun von den Lehrern besser verstanden wurde.
Ein weiteres Generalthema war „Nachhaltige Entwicklung“ in Bezug auf Wasser, Boden, Luft.
Ich habe versucht, den Gesamtzusammenhang der einzelnen Faktoren auch auf die in Zanskar bereits feststellbaren Klimaveränderungen herzustellen.
Ich habe dem Principal Mr. Sharma vorgeschlagen, ein Gewächshaus anzulegen, das von Schülern gepflegt wird. Mr. Sharma griff den Vorschlag bereitwillig auf und hatte sofort einen Platz dafür gefunden,- oberhalb des guesthouse/ principalhouse. Die Fläche ist bereits fast vollständig planiert, auf dem Hostelgelände und geschützt.
Die Mittel für den Bau sind gering, da die benötigten Ziegel von und auf dem Schulgelände hergestellt werden können. Die Wasserversorgung ist durch ein einfaches Schlauchstück gegeben.
Die Vorteile sind:
Das angebaute Gemüse ist eine Bereicherung für die Hostelküche.
Die Schüler werden mit dem Anbau unterschiedlicher Pflanzen und deren Anforderungen an die Umwelt in praktischer Weise vertraut gemacht.
Die Schüler lernen in Kreisprozessen zu denken. Pflanzenreste können eventuell kompostiert werden und dienen später als Dünger für andere Pflanzen.
Eine Kompostierung ist klimabedingt nur im Gewächshaus möglich, es müsste probiert werden. Regenwürmer können aus Srinagar/Kargil besorgt werden. Ansonsten können die Pflanzenreste einfach in den Boden eingearbeitet werden, dann dauert es länger.
Die Schüler lernen, dass sie als Teil des Kreisprozesses für den Gesamtprozess mitverantwortlich sind.
Mr. Namgyal lies es sich nicht nehmen, mich zum Essen in sein Haus einzuladen. Wir haben uns sehr angeregt unterhalten.
Nach einem überraschenden und starken Wintereinbruch bekam ich große Bedenken, dass ich rechtzeitig nach Leh komme, um den Flug nach Delhi anzutreten. Deshalb habe ich meine geplante Abreise aus Zanskar um 2 Tage auf den 21.09. vorverlegt. Dies erwies sich als richtig, da wegen des schlechten Wetters Flüge aus Leh einige Tage gecancelt waren.
Die Lehrer hatten am letzten Schultag noch ein besonderes Essen für uns organisiert.
Etwas wehmütig nahm ich Abschied, nicht ohne das Versprechen abzugeben, wiederzu-kommen. Auch ich habe mich dafür bedankt, von den Menschen in Zanskar viel über ihre Kultur gelernt zu haben. So hat ein gegenseitiges Lernen stattgefunden, So, wie ich es möchte.
Wie der Principal Mr Sharma und die Lehrer meinen Aufenthalt sehen, mögen sie selbst beurteilen.
Bei meinem Aufenthalt an der SECPAD School sind mir noch ein paar Dinge aufgefallen, die ich nicht unerwähnt lassen möchte:
Die Wasserversorgung des Hostels und der Schule nahm während meines Aufenthaltes stetig ab. Mitte September kam nur noch ein Rinnsal aus dem Schlauch, an der Schule kam nahezu nichts mehr an. D.h.: Händewaschen, ein wichtiges Erziehungsziel der Hygiene, war nicht mehr möglich. Das unter den vorhandenen Gegebenheiten die Wasserversorgung schwankt ist normal, ich halte es aber für dringend erforderlich eine verlässliche, minimale Wasser-versorgung zu installieren, wie sie offensichtlich schon angedacht ist.
Da die öffentliche Stromversorgung trotz Stromanschluss real nicht vorhanden ist, wäre es überaus sinnvoll auch für das Schulgebäude eine Fotovoltaik Anlage zu installieren. Dann könnte ein Computer, Drucker, Fotokopierer z.B. in der Bibliothek installiert werden, die aktuell wichtige Ausbildungsfaktoren sind.
Die Lehrer wohnen in einem etwas entfernten SECPAD Gebäude. Der öffentliche Stromanschluss entspricht dem des Schulgebäudes, d.h. er ist real nicht vorhanden.
Auf dem Gelände des Gebäudes befindet sich eine Wasserpumpe, die allerdings defekt ist.
Die Lehrer schleppen in 5 Literkanistern Wasser zum Trinken, Kochen und Waschen von der Schule zu ihrer Unterkunft. Licht gibt es überwiegend nur von Taschenlampen.
Wenn von den Lehrern und zwar völlig zu recht, gefordert wird, dass sie sich Fakten aneignen und sich auf den Unterricht vorbereiten, müssen auch die Bedingungen dafür gewissen Grundanforderungen gerecht werden, um Lehrer mit einer gewissen Qualität an die Schule zu bekommen, bzw. an der Schule zu halten.
Es scheint mir hier dringender Handlungsbedarf vorhanden.
Julley an alle
Herbert Brüdt